Was treibt A. Lange & Söhne nach Berlin?

A. Lange & Söhne wurde 1845 in Glashütte gegründet, einer kleinen ehemaligen Silberbergbaustadt in Ostdeutschland. Zu Zeiten der DDR wurde das ruhmreiche Unternehmen verstaatlich, aber nach dem Fall der Berliner Mauer konnte die Firma nach ihrer Neugründung 1990 im Uhrmacherstädtchen Glashütte den Betrieb wieder aufnehmen. Glashütte liegt etwa 40 Fahrminuten von der Landeshauptstadt Dresden entfernt.

Nun hat sich der CEO von A. Lange & Söhne, Wilhelm Schmid, entschlossen, das Marketing- und Kommunikationsteam des Unternehmens vom eher ruhigen und beschaulichen Glashütte nach Berlin zu verlegen. Der Mietvertrag für die neuen Räumlichkeiten wurde unterzeichnet, das Recruiting läuft bereits. Das Management, und selbstredend die Uhrmacherei, werden in Glashütte bleiben.

Berlin bezeichnet sich in seiner jüngsten Werbekampagne etwas befremdend als „Arm aber Sexy“, sieht sich dennoch als eine schnell wachsende und dynamische Stadt, in der sich Hipstercafés, Nachtclubs und Tech-Startups befinden. Aber auch der nicht fertig werdende neue Hauptstadtflughafen sowie eine Stadtenwicklung, die aktuell deutlich mehr Fragezeichen aufwirft, denn belastbare Antworten liefert, können und sollten nicht unbeachtet bleiben.

Der Zweck des Umzugs von Teilen des Unternehmens A. Lange & Söhne nach Berlin sei „ein ideales Umfeld für die zukünftige digitale und kreative Entwicklung zu schaffen, was in Glashütte schwer zu erreichen ist. Aufgrund seiner Größe und abgelegenen Lage biete Glashütte für junge Kreativprofis keine attraktive Ungebung und Infrastruktur“, so das offizielle Statement von Wilhelm Schmid.

Während viele Uhrenhersteller in Deutschland und der Schweiz zwar mit talentierten technischen Mitarbeitern und Uhrmachern ausgestattet sind, ist die Rekrutierung von Mitarbeitern für die digitale Wirtschaft und Social Media eine echte Herausforderung.

Ein weiterer Glashütter-Uhrmacher, Nomos, hat bereits vor Jahren seine Design- und Kommunikationsteams in Berlin angesiedelt, ein wesentlicher Faktor für die heutige Identität und Gestaltung der Marke. Auch der Uhrenhersteller Askania hat seinen Sitz in Berlin.

Die Verlegung der Kommunikationsaktivitäten von A. Lange & Söhne nach Berlin wird zwar als vernünftig und als für die Marke passend eingeschätzt, dabei fallen auch Vergleiche mit einigen Schweizer Uhrenherstellern, die in Le Locle, La Chaux-de-Fonds oder im Vallée de Joux ihre Uhren bauen, ihre Kreativteams jedoch in Zürich, Genf, oder noch besser gar in Paris sitzen haben.

Ob das im Falle von A. Lange & Söhne gelingt und einen ähnlich Spirit entwickelt, der dem Image der Marke aber keinesfalls schaden darf, bleibt hingegen abzuwarten. Mit den vorgenannten Städten kann Berlin wohl kaum verglichen werden. Denn Sexy allein wird nicht genügen. Genf oder Paris genießen unter Uhren-Aficionados einen ganz anderen Ruf und Stellenwert. Schließlich sind dort Weltklassefirmen wie Rolex oder Patek Philippe zu Hause. Und mit Nomos oder auch Askania sollte sich A. Lange & Söhne eigentlich nicht vergleichen.

Deshalb stellen wir die Frage in den Raum: Was treibt A.Lange & Söhne an, ausgerechnet Poor & Sexy Berlin und nicht das traditionsreiche Dresden als neuen Stützpunkt zu wählen? Die Zeit wird zeigen, ob die Rechnung aufgeht und sich die erwarteten Effekte einstellen.

 

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