Einige Eindrücke vom Salon International de la Haute Horlogerie 2015 (SIHH 2015)

Die SIHH (Salon International de la Haute Horlogerie) in Genf ist einer der renommiertesten Uhrensalons der Welt.

Er findet stets im Januar statt und bietet ausschließlich geladenen Gästen die Möglichkeit, exklusive Produktneuheiten kennenzulernen.
In diesem Jahr jährte sich der SIHH zum 25ten Mal.
Auf den rund 40.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche im Palexpo-Gelände, unmittelbar am Genfer Flughafen, präsentierten insgesamt 16 Uhrenhersteller in exklusiver Atmosphäre ihre aktuellen Zeitmesser, davon sind allein 12 der Groupe Richemont zugehörig.

Nach der Sicherheitskontrolle am Eingang betraten wir eine komplett andere Messehalle, als wie wir sie von anderen Events in der Palexpo her kennen. Weitläufige große und sehr elegante Räume in welchen die einzelnen Uhrenhersteller ausstellten, eine ruhige und entspannte Atmosphäre – ohne jegliche Hektik.

Erste Anlaufstelle war der Stand von IWC, der ganz im Zeichen der Portugieser Uhrenfamilie stand. Diese feiert ihr 75-jähriges Jubiläum. Zum Jubiläum wurde die Kollektion um 3 neue Modelle erweitert. Die Portugieser Jahreskalender, die Portugieser Perpetual Calender Date Month Edition 75th Anniversary und die Portugieser Handaufzug 8 Tage Edition75th Anniversary.

Zudem stellte IWC neue Kaliber vor. Den Auftakt bildet die Kaliberfamilie 52000, und in den kommenden Jahren werden Automatikwerke der neuen IWC-Kaliberfamilien 69000 und 42000 lanciert. Bei den beiden neuen Kalibern legt IWC großen Wert auf robusten Aufbau, bei gleichzeitig möglichst rationeller Herstellung. So erfolgt z.B. die Lagerung des Rotors in harter Keramik, völlig verschleiß- und schmierstofffrei.

IWC PORTUGIESER WATCH COLLECTION 2015

IWC PORTUGIESER WATCH COLLECTION 2015

Darüber hinaus plant IWC für die Zukunft dem Kunden auch wieder etwas kostengünstigere Modelle anzubieten.

Ein weiteres beherrschendes Thema auf der Messe war in diesem Zusammenhang die wenige Tage zuvor von der Schweizer Nationalbank getroffene Entscheidung, den Wechselkurs des Schweizer Franken zum EURO freizugeben. Dies wird für die exportabhängige Schweizer Uhren- und Schmuckindustrie erhebliche Belastungen mit sich bringen. Die hierdurch rein rechnerisch rund 20% gestiegenen Preise im EURO-Raum können nicht eins zu eins an den Endkunden weitergegeben werden. Deutliche Kosteneinsparungen auf der Aufwandseite werden die Konsequenz sein müssen.

PIAGET, bekannt als Spezialist für extrem flache, schlank und elegant wirkende Uhren, stellte das Modell Altiplano Chronograph vor. Es ist die erste große Komplikation in dieser für ihre schlanke Schlichtheit bekannten Serie und mit 8,24 Millimetern Gesamthöhe der flachste mechanische Chronograph mit Flybackfunktion. Das Kaliber 883P kann dazu mit einer Werkhöhe von nur 4,65 Millimetern den Titel des flachsten Chronographenwerks auf dem Markt für sich beanspruchen.
Zudem stellte PIAGET auch wieder zahlreiche elegante Schmuckuhren für die Damenwelt aus.

Unser nächster Besuch galt MONTBLANC. Der in Hamburg beheimatete Hersteller von hochwertigen Schreibgeräten und Uhren überzeugt mit einem breit angelegten und dennoch stimmigen Produktportfolio. Von der flachen und eleganten 3 Zeigeruhr über die Sportuhr bis zur Grande Complication. Interessant auch, dass MONTBLANC als einziger Hersteller zum rasant wachsenden Angebot an Wearables und Smartwatches auf der Messe eine passende Antwort dabei hatte.

 

Über den e-Strap– ein intelligentes Armband mit Display und Elektronik in der Schließe integriert – haben wir bereits ausführlich in einem gesonderten Bericht berichtet.
Die neue Technik rief reges Interesse hervor. Entsprechend groß war die Nachfrage nach dem Produkt am Stand. Unserer Einschätzung nach wirkt das e-Strap jedoch noch etwas klobig und bietet für die Zukunft sicher reichlich Spielraum für Verbesserungen. Aber der Weg, den Montblanc nun einschlägt, ist zweifelsfrei richtig und bemerkenswert.

Ein uhrmacherisches Highlight ist die Metamorphosis II. Das eindrucksvollste Merkmal dieser Uhr von Montblanc ist das „Verwandlungskonzept“ auf der Grundlage eines hochkomplexen mechanischen Uhrwerks, welches aus 746 Einzelteilen besteht und durch verschiedene Patente geschützt ist. Das Herausragende an dieser einzigartigen Komplikation ist ein spektakulärer Wechsel von Design und Funktion, um mit ein und demselben Uhrwerk einen klassischen Zeitmesser in einen Chronographen zu verwandeln – und umgekehrt.

Spannend fanden wir auch die auf 18 Exemplare limitierte Montblanc Tourbillon Cylindrique Geosphères Vasco da Gama. Ein komplizierter Name für eine beeindruckende Vielzahl an feinmechanischen Komplikationen.
Die sich in dem 47 mm großen Gehäuse erschließende dreidimensionale Zifferblattschau lädt förmlich zum bewundernden Zusehen ein. Das aus 281 Teilen bestehende Handaufzugs-Kaliber MB M68.40 bietet zahlreiche Funktionen in einer vollkommen neuen Kombination:
Die Anzeige dreier Zeitzonen, wobei die Ortszeit in Form von Stunden und Minuten, die fortlaufende, unabhängig einstellbare Anzeige der Heimatzeit in Form einer dreidimensionalen 12-Stunden-Windrose bei „6 Uhr“ und die 24 Weltzeitzonen auf der nördlichen und südlichen Hemisphäre inklusive Tag/Nachtverlauf anhand zweier Globen angezeigt werden. Diese zwei durch Gravuren und Miniaturmalerei realitätsnah gestalteten Halbkugeln zeigen reliefartig die Umrisse der Kontinente und Ozeane.

Die ebenfalls zur Richemont Gruppe gehörende Glashütter Uhrenmanufaktur A.Lange & Söhne präsentierte sich in gewohnt perfekter Manier.
Anhand einer Bildergalerie wurde die Geschichte von A.Lange & Söhne dargestellt und als großer Eye-Catcher war mittig des Raumes eine überdimensionale Uhr, in Gestalt einer absoluten Neuheit von A.Lange und Söhne fast schwebend positioniert: die erste Lange-Uhr mit dezimaler Minutenrepetition – die ZEITWERK MINUTENREPETITION.

Im Unterschied zur Striking Time, welche die vollen Stunden und Viertelstunden schlägt, kann hier die Stunde, Dezimalminute und Minute akustisch abgerufen werden. Die hierfür notwendige Energie wird dem Federhaus entnommen, das heißt, das Aufziehen über einen seitlichen Schieber entfällt. Die Funktion wird einfach über einen Drücker ausgelöst. Ebenfalls interessant die technisch aufwendige Lösung, die ein eventuelles Weiterschalten der digitalen Zeitanzeige solange unterbindet, bis die akustische Abfrage der Zeit abgeschlossen ist. „Was man hört sieht man und umgekehrt.“

Die Modelle der SAXONIA-Uhrenfamilie, SAXONIA, SAXONIA AUTOMATIK und SAXONIA DUAL TIME erhielten ein neues Zifferblattdesign. Die massiv goldenen Stundenindizes sind näher an den Zifferblattrand gerückt und bei 3, 6, 9 und 12 Uhr als doppelte Stabappliken ausgeführt. Die leicht verlängerten schwarzen Indizes der Minuterie treten ebenfalls prägnanter hervor.

Bei der SAXONIA AUTOMATIK und der SAXONIA DUAL TIME wurden die Zehnermarkierungen der kleinen Sekunde mit Zahlen versehen.
Der Gehäusedurchmesser wurde bei zwei Modellen leicht reduziert Die SAXONIA mit dem bewährten Manufakturkaliber L941.1 misst jetzt 35,0 Millimeter. Dabei ist sie im Vergleich zum Vorgängermodell 0,5 Millimeter flacher, sodass die eleganten Proportionen gewahrt bleiben. Mit einem reduzierten Durchmesser von 38,5 Millimetern ist die SAXONIA DUAL TIME jetzt genauso groß wie die SAXONIA AUTOMATIK.

Ebenfalls neu präsentiert wurde der DATOGRAPH PERPETUAL in Weißgold. Einen vornehmen, eleganten Charakter verleiht diesem Modell der Kontrast zwischen massivem Weißgoldgehäuse und grauem Zifferblatt sowie der Verbindung von Flyback-Chronograph und ewigem Kalender.

Eine weitere Neuigkeit ist, dass der DATOGRAPH AUF/AB drei Jahre nach seiner ersten Vorstellung nun auch in einer zweiten Variante verfügbar ist, und zwar im Rotgoldgehäuse mit schwarzem Zifferblatt aus massivem Silber. Sehr schön anzusehen!

Bei Audemars Piguet ist nach wie vor die Royal Oak die tragende Säule des Produktportfolios.
In den Vitrinen wurde die mittlerweile sehr umfangreiche Modellfamilie präsentiert. Die klassische vor gut 40 Jahren aufgelegte Version, die es schon damals in einer Stahl/Gold Kombination gab, wurde neu aufgelegt. Das eher kühlere Gelbgold wich nun dem etwas wärmeren Rotgold. Ein Evergreen, der heute so frisch wirkt wie am ersten Tag!

Neu vorgestellt wurde der limitierte Royal Oak Offshore Selfwinding Tourbillon Chronograph. Im imposanten 44-Millimeter-Gehäuse des Royal Oak Offshore Selfwinding Tourbillon Chronograph arbeitet das Automatikkaliber 2897, welches aus insgesamt 355 Einzelteilen besteht. Ein Gehäuse aus Karbon, eine Lünette aus Keramik sowie Titan und Kautschuk sind die Materialien, die das schwarze Gehäuse und das sportliche Armband der neuen Royal Oak Offshore ausmachen und ihr den unverwechselbaren Stil verleihen.

Cartier hatte die größte Ausstellungsfläche auf der SIHH. Die außenliegenden Vitrinen zeigten die Zeitgeschichte und die wichtigsten Designlinien der Vergangenheit zurück bis in die 1920er Jahre.
Cartier stellte eine wichtige neue Uhren-Linie vor: die Clé de Cartier, was nichts anderes als Schlüssel bedeutet, wurde in Anlehnung an die von einem blauen Saphir gezierte, an einen Schlüssel erinnernde Krone gewählt. Die Krone ermöglicht eine Art der Zeit- und Datumseinstellung, die an das Aufziehen alter Taschen- oder Tischuhren, mithilfe eines Schlüssels erinnern soll.
In der Clé de Cartier findet sich das neu konzipierte Uhrwerk mit der Bezeichnung „1847 MC“, welches über eine Gangreserve von 42 Stunden verfügt.

Sehr eindrucksvoll fanden wir auch die Rotonde de Cartier Astrotourbillon Skeleton, welche sich in nachfolgendem Video präsentiert:

 

Bei Jaeger Le Coultre faszinierte uns die neue Master Calendar, die Besonderheit ist das Zifferblatt aus Meteoritengestein. Das Zifferblatt hat in Natura eine Anmutung, welche die Fotos nur sehr unvollkommen wieder geben.
Ebenfalls sehr ästhetisch die Damenkollektion Rende-Vous , das Modell Moon, eine Damenuhr mit Mondphasenanzeige. Sehr schön, dass die Dame bei Jaeger Le Coultre nicht nur die Art des Materials wählen kann, sondern sich auch für Komplikationen entscheiden kann und darf!
In den Vitrinen waren zudem zahlreiche klassische Modelle, wie der Youngtimer Reverso, ausgestellt. Auch die zum ersten Mal mit einem Automatikwerk ausgestattete neue Reverso Classic Duetto in mittlerer Größe war hier zu sehen.

Für den detailinteressierten Besucher bot sich zudem die Möglichkeit unter dem Mikroskop den ausgeklügelten Mechanismus des bekannten Sphérotourbillons zu betrachten.

Die Marke Greubel Forsey wurde 2004 von den beiden Uhrmacher Robert Greubel und Stephen Forsey gegründet. Bekannt sind sie für ihre hochkomplexen Uhren, wie zum Beispiel das Greubel Forsey Quadruple Tourbillon. Die vier Tourbillons dieser atemberaubenden Komposition tragen unabhängig voneinander zur einzigartigen Ganggenauigkeit der Uhr bei. Möglich wird das durch die asynchrone Positionierung jedes dieser Tourbillons im Zusammenspiel mit zwei autonomen Regelorganen. Diese sind jeweils in einem eigenen Tourbillonkäfig untergebracht und über ein sphärisches Differenzial mit dem Räderwerk der Uhr und somit mit der Zeitanzeige verbunden. Höchste Virtuosität also, und sicher ein neues und ganz eigene Kapitel der hohen Uhrmacherkunst.

 

Ralf Lauren präsentierte seine erste Skelettuhr, die Automotive Skeleton. Eine mit ihrem Durchmesser von 45mm sehr wuchtige Uhr. Das Gehäuse ist aus kugelgestrahlten und geschwärzten Edelstahl. Markenzeichen der Automotive-Linie, die Lünette aus Wurzelholz. Im Inneren tickt ein geschwärztes Handaufzugskaliber RL1967 auf IWC-Basis. Die gut sichtbare Schraubenunruh vollzieht 18.000 Halbschwingungen pro Stunde. Auf dem Federhaus findet sich das Markenlogo.

Baume & Mercier präsentierte sich betont familiär. Die Ausstellungsfläche hatte so etwas wie einen „Wohnzimmer-Charakter“, sehr gemütlich und heimelig wirkend.
Was uns jedoch etwas irritierte, bei den gezeigten Modellen war keine durchgehende Stil- oder Designlinie erkennbar. Zudem waren in den Vitrinen zahlreiche Uhren mit Quartzwerk ausgestellt. Als Highlight des SIHH 2015 wurden zwei neue Modelle für ihre Hampton-Kollektion vorgestellt. Die Hampton Automatik mit braunem oder schwarzem Lederband, beides rechteckige klassisch-schlichte Zeitmesser, ausgestattet mit einem Automatikkaliber 2892-A2 von ETA.

Die aktuelle Kollektion von Vacheron Constantin, eine der Genfer Top-Manufakturen für Haute Horlogerie, welche in diesem Jahr ihr 260-jähriges Jubiläum feiert, orientiert sich wieder stark an historischen Modellen, wie z.B. ultraflache Uhrwerke oder Gehäuse mit kissenförmiger Aussenkontur.
Auf dem Genfer Uhrensalon SIHH 2015 zeigt Vacheron Constantin sein erstes eigenes Chronographenkaliber, zertifiziert mit der Genfer Punze. Für dieses neue Kaliber, eigentlich sind es drei neue Kaliber, führt Vacheron Constantin eine neue Kollektion ein: Die Kollektion Harmony.
Der Harmony Chronograph Kaliber 3300 aus der neuen Kollektion Harmony ist eine zeitgemäße Interpretation eines Chronographen von Vacheron Constantin aus dem Jahr 1928

 

Der Genfer Uhrensalon ist eine feine Messe. Eine generelle Verbesserung wäre jedoch, wenn die Vitrinen nicht ganz so hoch angebracht wären. Für Besucher bis zu 1,65 m Körpergröße entsteht ein falscher optischer Eindruck der ausgestellten Uhren; die Anstellwinkel und die Beleuchtung sind auf Personen von 1,80 m und mehr ausgerichtet. Auch die Beleuchtungstechnik der Vitrinen entspricht nicht ganz dem Stand der technischen Möglichkeiten und hätte noch Potential.

Auffallend war, dass der Trend wieder hin zu kleineren Uhren (38 – 40mm) mit flachen Werken geht. Auch Unisex-Modelle sind sehr gefragt. Sehr positiv zu sehen, dass für die Damenwelt wieder vermehrt Automatik- und Handaufzugs-Uhren, zum Teil auch mit Komplikationen, gezeigt wurden.
Vereinzelt sind sehr aufwendig gestaltete Zifferblätter mit farbenfrohen floralen Mustern zu bewundern.

Aber auch Skelettuhren feiern ein Comeback. Waren im letzten Jahr erste Versuche zu sehen, das Thema wieder zu platzieren, so mangelt es 2015 nicht mehr an entsprechender Vielfalt, bis hin zu aufwendig skelettierten Komplikationen.

Statt einzelner Uhrenmodelle trifft der interessierte Uhrenkäufer, wie beim Automobil, nun vermehr ganze Modellfamilien, die bei einzelnen Herstellern sukzessive weiter ausgebaut werden. Von der Dreizeigervariante über die Chronovariante und den Ewigen Kalender bis zum Tourbillon oder die Minutenrepetition.

Die Komplikation Minutenrepetition ist bei einigen der Aussteller ohnehin zu einem eigenen Thema lanciert..

Bei den Gehäusen wird weiterhin vermehrt Rotgold statt Gelbgold nachgefragt, aber auch die bereits in der Vergangenheit beliebten Bi-Color Modelle in Stahl/Gold sind wieder vermehrt anzutreffen. Relativ neu die Kombination von Diamanten mit Edelstahl.

Waren 2014 an überraschend vielen Uhren blaue Zifferblätter zu entdecken, so hat sich dieser Trend schon wieder beruhigt, oder sagen wir besser, normalisiert.

 

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