Nach der Messe ist vor der Messe, oder etwa doch nicht?
Die Baselworld 2019 startete unter keinem guten Stern. Abermals weniger Aussteller als noch in 2018 wo, im Vergleich zu 2017, bereits ein erster großer Rückgang zu beklagen war.
Die Messegesellschaft MCH zog die Notbremse und wechselte die Verantwortlichen im Projektmanagement aus.
Das konnte die Swatch Group jedoch nicht mehr von ihrem Vorhaben abhalten, der Baselworld den Rücken zu kehren und mit sämtlichen Marken fernzubleiben. Stattdessen ludt die Swatch Group den Handel nach Zürich zu einer eigenen Veranstaltung ein.
Entsprechend war der Auftakt zur Baselworld 2019 mit deutlich reduzierten Erwartungen verbunden. An den ersten beiden Tagen waren gefühlt eine spürbar geringere Zahl an Besuchern und sichtbar weniger Journalisten in den Hallen unterwegs.
Die Ausdünnung der Halle 1.0 durch den Wegfall der Swatch Group – erinnerte man sich der Bilder aus den Vorjahren – war unübersehbar. Auch ein Stockwerk höher, in Halle 1.1, war so manches anders. Das Fehlen großer Marken wie Hermes oder auch Swarowski hinterließ Spuren.
Dennoch, und das ist die „Good News“, ist es dem neuen Messemanagement gelungen, das Beste aus all dem zu machen.
Und im weiteren Verlauf der Messetage füllten sich zumindest am Freitag, Samstag und Sonntag die Hallen auch wieder zahlreich mit Besuchern. Es herrschte schon fast wieder das aus den Vorjahren bekannte Bild vor. Am Wochenende waren auffallend viele Endkunden anzutreffen, und zwar aller Altersklassen. Ob Jung, ob Alt, ob alleine, mit Freunden, oder sogar mit der ganzen Familie, das Interesse an schönen Uhren und schönem Schmuck scheint ungebrochen. Allerdings lautet das ernüchternde Ergebnis: 20% Besucherschwund im Vergleich zu 2018.
Überraschenderweise waren die meisten Aussteller mit den Ergebnissen dennoch zufrieden. Manche waren, gemessen an den schwierigen Rahmenbedingungen, sogar sehr zufrieden.
Aber was bedeutet das für die Zukunft? Nun, die Baselworld hat auf die von allen Seiten spürbare Trendwende viel zu spät reagiert. Anders als die Inhorgenta in München, die sehr frühzeitig die Risiken, aber auch die Chancen einer rasch voranschreitenden Digitalisierung erkannt und für sich genutzt hat, versuchte die Baselworld die analoge Welt zu verteidigen und scheiterte grandios.
Wertvolle Zeit ist ungenutzt verstrichen, viele Aussteller wurden durch beständige Arroganz und Ignoranz verprellt und haben sich mittlerweile andere Schauplätze gesucht. Einige sind nach Genf auf die SIHH abgewandert (beispielsweise Hermes oder auch die Kering Gruppe mit Girard-Perregaux und Ulysse Nardin) und wieder andere, wie z.B. Samsung oder Intel, die 2017 den Versuch starteten, smarte Technologien in Basel salonfähig zu machen, wurden vom Messebeirat nicht gerade mit offenen Armen empfangen. Die IT-Giganten spielen ohnehin in einer ganz anderen Liga und haben für so manche Kleingeister der Uhrenbranche nur ein kurzes Lächeln übrig.
Garmin, einer der weltweit erfolgreichsten und anerkanntesten Hersteller von multifunktionalen, smarten Uhren wurde bei seiner Bewerbung für die Baselworld 2019 gar abgelehnt und hat sich stattdessen im nebenan gelegenen Hotel Hyperion unter ca. 30 andere hochwertige Marken gemischt, die aus verschiedenen Gründen mit ihren Ständen ebenfalls nicht auf die Messe gehen.
Wie kann es im Zeitalter der Digitalisierung sein, einer Firma wie Garmin einen Korb zu geben, nachdem Samsung und Intel in den Jahren 2017 und 2018 unverständlicherweise in Ungnade gefallen sind? Samsung könnte die Swatch Group aus der Portokasse übernehmen, sofern sie denn wollten. Einfach nur peinlich!
An dieser Stelle hat auch das neue Management komplett versagt.
Und wie kann es sein, dass Aussteller, wie Mondaine, Junghans, Orient Watch, Moser & Cie, Greubel Forsey, um nur einige weitere zu nennen, sich andere Lokationen rund um den Messeplatz herum suchen. Da ist doch etwas völlig aus dem Ruder gelaufen.
Der Wettbewerb ist voll entfacht und es werden nur die Besten bleiben. Das gilt im Übrigen auch für Messen. Die CeBit in Hannover ist Geschichte, dafür brummt der Mobile World Congress in Barcelona, die Inhorgenta scheint das Tal der Tränen durchschritten zu haben. Aber auch die ISPO in München oder die IFA in Berlin zeigen, wie es geht.
Die Baselworld hat nun die Wahl: Tritt sie in die Fussstapfen der CeBit oder folgt sie der Erfolgsspur der Inhorgenta?
Was bleibt, ist die unnötige Aufteilung der Uhrenmesse in SIHH und Basel. Zwar konnte für 2020+ die terminliche Abstimmung zwischen den beiden (noch) konkurrierenden Messen bekannt gegeben werden, so dass Fernreisende nicht mehr zweimal in kurzer Folge in die Schweiz reisen müssen. Dennoch entbehrt die Aufsplittung einer Messe zum gleichen Thema auf zwei Standorte im gleichen Land jeglicher rationaler Logik. Effizienz geht anders.
Keine andere Branche kann sich diesen Luxus leisten. Vermutlich ist immer noch zu viel Geld im System und das Leiden noch nicht groß genug. Beide Standorte, Genf und Basel hätten genügend Fläche, die gesamte Messe zu beherbergen und auszurichten. Vielleicht im jährlichen Wechsel, einmal in Genf, dann in Basel und umgekehrt.
Sollten, wie gewisse Nebengeräusche verlauten lassen, weitere Aussteller der Messe Basel eventuell den Rücken kehren wollen, wird es mit dem Turnaround schwierig. Da sind nun wirklich gute und alternative Ideen gefragt sowie möglichst viele neue Aussteller, auch aus der von der traditionellen Uhrenbranche bislang verachteten IT-Branche. Nur, ob diese jemals den Weg nach Basel finden bzw. dorthin zurück, wird eine der Kernfragen sein, auf die die Messeleitung rasch eine Antwort finden muss.
Die IT-Branche kommt wunderbar ohne die Baselworld zurecht, aber umgekehrt wohl eher nicht. So könnte die schmerzhafte Erkenntnis lauten.
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