Die größte Uhrenmesse der Welt, die BASELWORLD, öffnete 2013 ihre Pforten gut 4 Wochen später als in den Vorjahren. Der Grund waren umfangreiche Umbauten und Modernisierungsarbeiten an den insgesamt jetzt 5 Messehallen. Die Arbeiten innerhalb eines Jahres, inmitten von Basel, durchzuführen und termingerecht abzuschließen, zollt unseren uneingeschränkten Respekt.
So waren wir denn sehr gespannt, nach Basel zu fahren und zu sehen, wie sich das Ambiente verändert hat, aber auch was sich in der Uhrenbranche innerhalb des letzten Jahres getan hat und die Hersteller jetzt der Öffentlichkeit präsentieren. Soviel sei vorweg genommen: Wir wurden nicht enttäuscht und so haben wir jede Menge interessanter Informationen mitgenommen, die genügend Stoff für einen insgesamt 3-teiligen Bericht liefern.
Teil 1 befasst sich mit einigen ganz kleinen, dafür aber sehr spektakulären Uhrenmanufakturen, die, wie auch in den Jahren zuvor, in einem den Messehallen vorgelagerten Pavillon ausstellten.
Teil 2 gibt Eindrücke von den ganz großen Playern der internationalen Uhrenszene wider.
Teil 3 widmet sich abschließend umfassend einigen deutschen Herstellern, die auf der Baselworld 2013 eine Reihe interessanter Überraschungen bereit hielten.
Nach dem Einchecken führt uns der Weg direkt in die freundlich gestalteten und vor allem hellen Pavillons direkt am Messeplatz.
Die in Genf ansässige Firma Urwerk begeistert den Liebhaber ausgefallener technischer Lösungen mit Zeitmessern, die, so scheint es, aus einer anderen Welt stammen. Das ist High-Tec vom Feinsten und lässt das Herz eines jeden Technik-Freaks höher schlagen.
Der Eintritt in die Welt von Urwerk ist ein wenig wie Alice im Wunderland. Man merkt schnell, diese Uhren sind anders, wirklich anders. Sie sehen aus, als könnte man ihr den Befehl erteilen „Scotty, beam me up“. Uhren von Urwerk sind kompliziert, geheimnisvoll, sehen futuristisch und vielleicht sogar ein wenig unheimlich aus.
Berühmte Persönlichkeiten wie Michael Jordan, Michael Ballack, aber auch Wladimir Putin oder Jackie Chan besitzen eine, z.T. auch mehrere Uhren von Urwerk. Die Uhren werden in nur wenigen Geschäften weltweit vertrieben, die Produktion liegt bei rund 150 Stück pro Jahr.
Gleich um die Ecke der Stand der Firma NORD Zeitmaschine, die in der unmittelbaren Umgebung von Basel zu Hause ist. Daniel Nebel, der Eigentümer und Gründer der Firma erzählt uns stolz von den Anfängen als er Ende der 90er Jahre als Quereinsteiger zur Uhrmacherei kam. Eigentlich ist er Maschinenbauer und gar kein Uhrmacher. Aber weshalb soll ein Maschinenbauer nicht eine Maschine bauen, die auch die Zeit anzeigt. Und so entstand die Firma NORD-Zeitmaschine.
Daniel Nebel entwarf nach etlichen Jahren des Experimentierens einen Mechanismus, der dem eines Hubkolbenmotors nicht unähnlich ist, nur eben, dass dieser die Zeit anzeigt. Eine Kurbelwelle treibt eine Art Pleuelstange an, die gleichmaßen als Zeiger fungiert. Damit die Zeit auch in den Bereichen des oberen und unteren Totpunktes mit gleichbleibend guter Auflösung angezeigt und abgelesen werden kann, bewegt sich das Zifferblatt genau gegenläufig.
Wird die Krone gezogen und dann die Uhr, oder besser die Zeitmaschine, quasi im Zeitraffer 24 Stunden manuell durchgedreht, so lässt sich dieses unglaubliche Schauspiel von Bewegung und Gegenbewegung durch das Saphirglas studieren.
Die Rückseite zeigt einen Automatik-Rotor, der einen ganz ungewohnten Anblick vermittelt. Statt der erwarteten Asymmetrie in Form eines Halbkreises ist der Rotor völlig rund; jedoch nur optisch. Damit er die Uhr dennoch aufziehen kann, sind an der Unterseite – völlig unsichtbar – einseitig Gewichte angebracht, die bei Bewegung genügend Drehmoment aufbringen, den Rotor in Schwung zu versetzen und das Federhaus mit Energie zu versorgen.
Nur durch eine Trennwand geteilt, treffen wir auf der anderen Seite Beat Haldimann aus Thun, am schönen Thuner See. Er erzählt uns stolz von der rund 500 jährigen Familientradition im Uhrenbau. Da stockt uns kurz der Atem. 500 Jahre am Stück in den Händen der Familie Haldimann. Wo gibt es so etwas sonst noch? Da wird doch sonst gekauft und verkauft, längst verschollene alte Labels wiederbelebt und mit viel Aufwand die Heritage aufpoliert. Nicht so bei Haldimann; alles authentisch, alles original.
Was sind das nun für Uhren, die bei Beat Haldimann und seinem Team entstehen? Zuerst einmal sei erwähnt, dass hier tatsächlich Uhren gebaut werden; außer den Rubinen, den Federn und den Gläsern für´s Gehäuse entsteht alles bei Haldimann. Das ist eine Fertigungstiefe, die in ähnlicher Form sonst wohl nur noch Rolex oder die Swatch Group bieten.
Die Uhren selbst sind wie eine Skulptur. Das Tourbillon, getreu dem Konstruktionsprinzip von Alfred Helwig, thront auf dem Zifferblatt und bestimmt das Bild der Uhr. Die teuerste Ausführung, die wir Händen halten durften, eingeschalt in ein schweres Gehäuse aus reinem Platin, wird mit rund 180.000 CHF, umgerechnet 150.000 EUR, veranschlagt.
Wir fragen Herrn Haldimann, wer eine solche Uhr kauft und dann als Kunde sein Eigen nennt. Es sind, wie Beat Haldimann uns erklärte, „die Kunden danach“. Kunden also, die angefangen von Rolex, über Patek Philippe bis A.Lange & Söhne vermutlich schon alles haben und sich nun etwas gönnen möchten, was sonst niemand, oder sagen wir besser, fast niemand hat. Aber es gibt auch „normale“ Kunden, so erzählt er weiter, die sich eine Haldimann einbilden und dann irgendwann Jahre später kaufen, wenn sie das viele Geld zusammen haben.
Immerhin verlassen pro Jahr 20 – 25 dieser extravaganten Uhren die Werkstätten am Thuner See und finden rasch ihre ebenso extravaganten, wie begeisterten Abnehmer.
Gleich nebenan, Stefan Kudoke aus Frankfurt an der Oder. Wir hatten schon öfter Gelegenheit mit Stefan Kudoke zu sprechen und dabei seine Philosophie der Uhrmacherei näher kennenzulernen. Sein Anspruch ist es, selbst die ausgefallendsten Designwünsche seiner Kunden in die Gestaltung der Uhr und des Uhrwerks zu übersetzen. Dazu werden diese in aufwendigster Detailarbeit skelettiert, veredelt und je nach Kundenwunsch mit verschiedenen Motiven versehen.
Einen neuen und gleichzeitig völlig überraschenden Coup hat Stefan Kudoke in der Zusammenarbeit mit Maria-Kristina und Richard Habring gelandet.
Die Habrings bereichern mit Ihrer in Völkermarkt in Kärnten befindlichen Uhrenmanufaktur die Uhrenszene bereits seit einigen Jahren in wohltuender Weise und so scheint es nur logisch, dass die beiden Uhrenmanufakturen sich, bei der Realisierung eines von Kudoke veredelten Habring Tourbillons, auf traumhafte Weise ergänzen.
Wiederum nur ein paar Schritte entfernt, ein weiterer hochklassiger Anbieter hochwertiger Zeitmesser aus deutscher Produktion. Die Firma Lehmann, mit Sitz in Schramberg im Schwarzwald, ist dem echten Insider weniger als Uhrenhersteller selbst, sondern vielmehr als Zulieferer für Präzisionsmaschinen und Vorrichtungen für die Uhrenindustrie bekannt. So entsteht so manche hochwertige Uhr renommierter Top-Hersteller auf Fertigungseinrichtungen, die bei Lehmann Präzisionstechnik entwickelt und aufgebaut wurden.
Und genau dies ist auch der eigenen Uhrenkollektion anzumerken. Qualität und Präzision, wo immer das Auge hinsieht. Auch der haptische Eindruck enttäuscht nicht und bestätigt die insgesamt stimmige und wertige Erscheinung.
Markus Lehmann hat seine vor 2 Jahren erstmals vorgestellte Kollektion „Intemporal“ nun um weitere, etwas entfeinerte Modelle erweitert. Diese folgen einer eher schlichten und klassisch zeitlosen Formensprache. In Bezug auf Qualität, Anmutung und Wertigkeit hat sich aber nichts verändert.
Es sind verschiedene Gehäuseausführungen verfügbar. Edelstahl, wahlweise mit diamantbesetzter Lünette für die Damen und selbstredend auch Gold.
Last but not Least haben wir selbstverständlich auch dem AHCI einen kurzen Besuch abgestattet. Dazu mussten wir die Pavillons aber verlassen und eine der neuen mächtigen Messehallen betreten.
Einer der beeindruckensten Uhrmacher, oder sagen wir auch hier wieder besser Künstler, ist hier anzutreffen. Valerii Danevych, zu Hause in Kiev in der Ukraine, fertigt er kleinste Uhren, nicht zuletzt auch Tourbillons fürs Handgelenk und zwar komplett aus Holz.
Die Uhren enthalten nur zwei Metallteile, nämlich die Zugfeder und die Unruhspirale. Alles andere ist aus Holz gefertigt. Natürlich nicht aus irgendeinem Holz, sondern aus sogenanntem Baumkrebs. Das sind Auswüchse bzw. eine Art Geschwüre an Bäumen, die ein extrem hartes und feinfaseriges Holz bilden, welches sich für die genannten Zwecke bestmöglich eignet.
So haben wir den ersten Teil unseres Besuches mit tiefer Verbeugung vor den in Basel angetroffenen Enthusiasten des Uhrenbaus beendet. Der zweite Teil des Besuchs widmet sich dann der großen Welt der international bekannten TOP-Marken. Gegensätzlicher geht es kaum. Sie dürfen gespannt sein.
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