Besuch in der Uhrenmanufaktur A.Lange & Söhne in Glashütte

Im August 2013 führte uns der Weg auf Einladung des Hauses A. Lange & Söhne einmal mehr nach Glashütte. Zum Auftakt trafen wir uns mit den Herrn Andreas Haude und Christian Fischer vor Ort im Cafe Uhrwerk zu einem gemeinsamen Lunch.

Nachdem wir uns ausführlich ausgetauscht hatten, gingen wir zusammen in Richtung dem Firmengebäude Lange II, genau gegenüberliegend der Großbaustelle für das neue, nach modernsten Gesichtspunkten konzipierten Produktionsgebäude.

Nach der obligatorischen Anmeldung am Empfang konnten wir mit dem Rundgang durch den Firmenkomplex beginnen.

Gleich in der Eingangshalle fällt das Portrait des Firmengründers ins Auge, bestehend aus einem Mosaik von Passbildern all jener Personen, welche bei Lange Uhren arbeiten bzw. gearbeitet haben.

Und kommen wir zunächst zur Geschichte des Hauses A.Lange & Söhne:

Gegründet wurde die Uhrenmanufaktur ursprünglich durch den sächsischen Meisteruhrmacher Ferdinand Adolph Lange am 7. Dezember 1845 in Glashütte. In einem frühen Beispiel von staatlicher Strukturpolitik erhielt Lange für die Firmengründung und zur Ausbildung von 15 Lehrlingen im strukturschwachen Glashütte bei Dresden 7.800 Taler vom königlich-sächsischen Innenministeriums als finanzielle Unterstützung in Form eines Kredits.

Die Auszubildenden, so die Idee Langes, sollten sich später selbständig machen und als spezialisierte Zulieferer dienen. So sollte eine Keimzelle für die deutsche Uhrenindustrie nach dem Schweizer Vorbild entstehen. Das dort etablierte System der Arbeitsteilung und den Wohlstand der Region hatte Lange während seiner Wanderjahre kennengelernt. Um die angehenden Uhrmacher auch nach der Ausbildung am Ort zu halten, sah Langes Plan vor, dass alle Lehrlinge aus der Gegend stammen sollten.

Lange gelang es, verschiedene Geräte zur exakten Herstellung von Teilen zu entwickeln und die Uhrwerke zum Beispiel durch die berühmte Glashütter Dreiviertelplatine weiter zu verbessern. Die präzisen Maschinen, die niedrigen Lohnkosten und die Arbeitsteilung führten dazu, dass er sehr genau gehende und dabei doch erschwingliche Uhren in Serie herstellen konnte. Die Uhren verkauften sich vor allem in England und Amerika sehr gut.

Langes Plan, eine Uhrenindustrie zu etablieren, ging auf. Seine Lehrlinge machten sich selbständig und belieferten ihn mit Teilen. Zudem siedelten sich weitere Uhrenhersteller an.

Bereits 1875 beschäftigte der Betrieb von Ferdinand Adolph Lange über 70 Mitarbeiter. Er erzeugte so einen Impuls für die Entwicklung des strukturschwachen, im sächsischen Teil des Erzgebirges gelegenen Glashütte als Zentrum der deutschen Feinuhrmacherei und konkurrierte bereits zu dieser Zeit mit den etablierten Schweizer Herstellern. Die beiden ältesten Söhne Richard und Emil Lange, traten ab 1868 in das väterliche Unternehmen ein. Unter ihrer Regie gelangte die Manufaktur zu Weltruhm. A. Lange & Söhne bestand bis 1948.

Walter Lange, der Sohn von Rudolf Lange, Enkel von Friedrich Emil Lange und Urenkel von Ferdinand Adolph Lange, wurde 1948 enteignet und floh in den westlichen Teil Deutschlands.

Hier begann er 1951 in Pforzheim einen Uhrengroßhandel aufzubauen. Im Alter von 66 Jahren gründete Walter Lange am 7. Dezember 1990 die Lange Uhren GmbH als neue Uhrenmanufaktur und hat dabei die Markenrechte für „A.Lange & Söhne“ erworben, die zwischenzeitlich an die Treuhandanstalt gegangen waren.

Der Wiederaufstieg der Marke zu Weltruhm ist in hohem Maße aber auch dem damaligen Präsidenten der International Watch Company (IWC), Günter Blümlein, zu verdanken. Mit finanzieller und personeller Hilfe der LMH Holding (Les Manufactures Horlogères), die damals noch zu VDO gehörte und ab 1994 unter dem Dach der Mannesmann AG geführt wurde, gelang es, die Neugründung am Markt zu etablieren. Am 24. Oktober 1994 präsentierten Günter Blümlein und Walter Lange gemeinsam die ersten vier Uhrenmodelle, die LANGE 1, TOURBILLON „Pour le Mérite“, SAXONIA und ARKADE. Die Lange 1, die Saxonia und die Arkade waren mit der mittlerweile markentypischen und patentierten Großdatumsanzeige nach dem Vorbild der Bühnenuhr der Dresdner Semperoper ausgestattet.

2001 ging die A.Lange & Söhne, neben einigen weiteren Schweizer Uhrenmarken, zum Richemont Konzern, mit Sitz im Kanton Genf über.

Nach dieser Rückblende werden erst einmal in weiße Mäntel gekleidet, bevor wir den Fertigungsbereich einer der weltbesten und professionellsten Uhrenmanufakturen betreten und besichtigen zu dürfen.

Wir beginnen in der untersten Etage mit der Komponentenfertigung. Dort befinden sich zahlreiche modernste CNC Bearbeitungszentren, auf denen Platinen, Brücken und Kloben, vornehmlich aus Neusilber, gefertigt werden. Da die hochkomplexen Werke von A.Lange&Söhne aber auch eine Vielzahl von filigranen Teilen aus Stahl enthalten und als Fertigungsverfahren der ersten Wahl hier immer noch das Drahterodieren gilt, treffen wir auch auf ein größere Zahl hochwertigster Drahterodiermaschinen, die mit einer fast unglaublichen Präzision selbst die filigransten Teile aus den aufgespannten Stahlplatten heraustrennen. Vertrauen in modernste Maschinentechnik ist gut, Kontrolle besser. So durften wir auch den Raum der Qualitätsingenieure betreten, die mit teuren und aufwendigen optischen 3-D Messmaschinen jede Fertigungscharge auf Einhaltung der spezifizierten Toleranzen überprüfen, bevor die einzelnen Fertigungslose zur Weiterbearbeitung freigegeben werden.

Dieser eindrucksvollen Auftakt, zeigte uns einmal mehr, dass moderne Uhrenmanufaktur eben nicht nur klassisches Handwerk bedeutet, sondern auch aufwendige, industrielle Fertigung auf allerhöchstem Niveau.

Aber eine Uhr bzw. ein Uhrwerk von A.Lange& Söhne zeichnen neben dieser absoluten und kompromisslosen Präzision bei der Einzelteilfertigung eben auch die klassischen und traditionellen Uhrmacherkünste aus. Das wird spätestens dann klar, wenn man das Uhrwerk mit seinen sauber anglierten Kanten und auf Hochglanz polierten Oberflächen betrachtet und zwar selbst an Stellen, die nur der Uhrmacher beim Zusammenbau oder Zerlegen des Werkes zu Gesicht bekommt.

Diese Arbeitsschritte erfolgen per Hand. Keine noch so präzise Maschine kann das Gefühl und Gespür der dafür speziell ausgebildeten und geschulten Finisseure – übrigens zumeist Damen – ersetzen.

Dazu zählt natürlich auch das berühmte Gravieren des Unruhklobens per Hand. Insgesamt 5 Graveure kümmern sich bei A.Lange&Söhne allein um diese Kunst, die unter dem Stereomikroskop erfolgt. Wir konnten das Führen und die Bewegungen des Stichels mit ruhiger Hand auf dem Videobildschirm verfolgen. Interessant in diesem Zusammenhang, dass jeder der Graveure quasi seine eigene Handschrift hat. Auch Jahre später kann anhand der Gravur festgestellt werden, aus wessen Hand sie stammt.

Die beschriebenen Arbeiten dienen vorrangig der optischen Aufwertung der Uhrwerkskomponenten. Nur 20% der Arbeiten haben einen zusätzlichen funktionellen Hintergrund.

Das Thema der Spiralenfertigung haben wir mit bei den Herren von A.Lange&Söhne natürlich ebenfalls angesprochen und ausführlich diskutiert. Soviel sei hier gesagt. A.Lange&Söhne ist einer der ganz wenigen Uhrenmanufakturen, die die Fähigkeit besitzt, diese sensible und gleichzeitig für die zuverlässige Funktion der Uhr so zentrale Komponente im eigenen Haus zu fertigen.

Nach der Fertigung und Veredelung der einzelnen Teile und Komponenten konnten wir nun die Assemblage der einzelnen Teile bis zum fertigen Uhrwerk verfolgen. Hier begleitete uns natürlich auch das Interesse an der schon häufig diskutierte Methodik, jedes Werk zweimal zu montieren, bevor es zur Einschalung freigegeben wird.

Es gibt dafür aber eine einfache, sehr naheliegende Erklärung. Bei Werken, die z.T. Aus mehreren hundert Teilen bestehen, addieren sich in den Funktionsketten der Einzelteile Toleranzen auf, die trotz präzisester Fertigung und strengster Qualitätskontrolle funktional kritisch und somit nicht akzeptabel wären. So baut der Uhrmacher das Werk zunächst mit allen Einzelteilen zusammen und stimmt dann – je nach Erfordernis – die Funktion der Einzelteile nochmals in feinster händischen Bearbeitungsschritten aufeinander ab. Dabei entsteht natürlich mechanischer Abrieb, der die sichere Funktion des Werkes stören würde. Deshalb wird jedes Werk nach diesen aufwendigen Abstimm- und Anpassungsarbeiten wieder zerlegt, gereinigt und schließlich endgültig finissiert. Nun setzt der Uhrmacher sein Werk endgültig zusammen und gibt es nach einer umfangreichen Funktionskontrolle für das Einschalen ins Gehäuse frei.

Nach dem Einschalen durchläuft jede Uhr mehrwöchige Tests, bevor sie das Haus A.Lange & Söhne verlassen darf. Die Durchlaufzeit kann so – je nach Komplexität des Werkes – bis zu 11/2 Jahre betragen. Spätestens jetzt wird klar, weshalb diese Wunderwerke der Uhrmacherkunst ihren Preis haben und die Kunden in aller Welt auch gerne bereit sind, Wartezeiten in Kauf zu nehmen.

Nach diesem äußerst eindrucksvollen Rundgang durch die einzelnen Produktionsabteilungen bekamen wir noch die Gelegenheit, die schönsten Stücke aktueller Glashütter Uhrmacherkunst aus nächster Nähe zu betrachten.


Bilder: LANGE 1

Die LANGE 1 ist eine der vier Zeitmesser, die nach der Neugründung von A. Lange & Söhne 1994 als erste vorgestellt wurden.


Bilder: Richard Lange Tourbillon „Pour le Mérite“

Das dreiteilige Regulatorzifferblatt der RICHARD LANGE TOURBILLON „Pour le Mérite“ ist von einem Präzisionschronometer des Dresdner Meisteruhrmachers Johann Heinrich Seyffert inspiriert.


Bilder: Zeitwerk

Die ZEITWERK ist die erste mechanische Armbanduhr mit digitaler Zeitanzeige von A. Lange & Söhne. Stunde und Minute werden über Sprungziffern angezeigt und sind damit immer exakt ablesbar.


Bilder: Datograph Auf/Ab

Seine komplexe Mechanik beinhaltet das charakteristische Großdatum, eine Temposchaltung für den Chronographen (Flyback) und einen patentierten, exakt springenden Minutenzähler.


Bild: Double Split

Der DOUBLE SPLIT ist der erste und einzige mechanische Chronograph mit Doppelrattrapante-Funktion. Er besitzt zwei Stoppzeigerpaare, die sowohl gemeinsam als auch getrennt voneinander laufen können.


Bild: LANGE 31

LANGE 31 ist die erste mechanische Armbanduhr mit einer Gangreserve von 31 Tagen. Ein patentiertes Nachspannwerk macht es erstmals möglich, eine so hohe Gangreserve sinnvoll zu nutzen.

Einmal mehr wurde uns über diese eindrucksvolle Präsentation die unbedingte Schönheit, aber auch die unglaubliche Präzision und Perfektion mit der die Uhren von A. Lange&Söhne aufwarten und ihre späteren stolzen Besitzer begeistern, vor Augen geführt.

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